Die fotografischen Arbeiten von Joachim Rohfleisch muten eher malerisch oder grafisch an. Einige vermitteln den Eindruck von bewegten Landschaften. Andere wirken so, als ob ein leidenschaftlicher Maler am Werke gewesen wäre. Weitere wiederum weisen hohe grafische Präzisionen auf. Die breite Palette der Formensprache findet ihre Entsprechung auch in der Farbgebung: Von dezenter Ton-in-Ton-Komposition bis zum grellen Komplementärkontrast. Die Arbeiten entfalten ihre ästhetische Wirkung, anmutig oder auffallend, in jedem Fall seltsam anziehend. Alle Fotografien entstehen direkt vor Ort, am Gegenstand und in unmittelbarer Wahrnehmung, ohne Nachbearbeitung und ohne spätere Auswahl von Ausschnitten.
Aber wie kommt die austarierte und präzise Bildkomposition zustande?
Die Arbeitsweise von Joachim Rohfleisch gibt Auskunft: Ein kontemplatives Einswerden mit dem Gegenstand der Betrachtung, das Loslassen des Wahrgenommenen aus den Fängen des begierigen Fixierens. Schwer zu glauben, dass diese im Zen-Buddhismus begründete Seinserfahrung gerade mit einem technischen Gerät namens Fotoapparat gelingen soll, der nichts anderes tut, als die Welt in Momentaufnahmen gefangen zu nehmen! Aber es gelingt.
Die seltsame Anmutung.von Nichtfotografischem und Unwirklichem, die unser Blick irritiert und gebannt zugleich über die Farbflächen vagabundieren lässt, ist ein Indiz für das meditative Innehalten durch den Fotoapparat hindurch. In seiner kontemplativen Betrachtung erreicht der Fotograf eine nicht-begriffliche, ja sogar vor-begriffliche Bewusstheit. Sie inspiriert ihn, Elemente der Natur, ebenso alltägliche Gegenstände und Situationen zu einer höchst subjektiven Bildwelt abstrakter Komposition zu verdichten.
Die Arbeiten der Ausstellung bi-o-morph sind eine tiefe Verbeugung gegenüber dem schöpferischen Potential der kosmischen Natur, aus dem der Künstler seine Inspiration und Kraft schöpft.
Prof. Dr. June H. Park
Rektor der Muthesius Kunsthochschule